Donnerstag, 10. Oktober 2013

Ostafrika auf dem Moped


Und los gehts


Mitte Juni schaute mein alter Freund Philipp auf einen Besuch in Kampala vorbei. Neben dem Erkunden von Kampala und Umgebung sollte es eine vierwöchige Motorradtour von über 4.000 km durch Uganda, Tansania, Burundi und Ruanda werden.
Bereit zum Angriff...
Bereits Wochen zuvor hatte ich zwei 20 Jahre alte Hona XLR 250 organisiert, auf Vordermann gebracht und einigermaßen reisetauglich gemacht. Die ansonsten noch fehlenden Ersatzteile, Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände hatte Philipp im Gepäck.


Nur noch volltanken und Abmarsch
Mit einem Tag Verspätung ging es schließlich am Dienstag, den 17. Juni auf große Reise. Der Grund für die Verspätung war, dass vier Wochen zum Umschreiben der Fahrzeugpapiere nicht ausreichend waren. So mussten wir uns mit fremdem Namen und fehlerhafter Fahrgestellnummer im Fahrzeugschein über die Grenzen wagen.


Der Toiletten-Abfluss dreht sich nun entgegengesetzt


Zuckersüß - Die Fahrt durch Zuckerrohrplantagen
Vollbepackt ging es los von Kampala, vorbei am Equator,über Masaka an den Lake Nabugabo. Von dort schlugen wir uns auf unbefestigen Wegen zur tansanischen Grenze durch.











Herzlich Willkommen in Tansanaia



Gleich am ersten Grenzübergang verrichtete ein Ordnungshüter seinen Dienst besonders gewissenhaft und bemerkt sehr schnell die Unstimmigkeiten bei der Fahrgestellnummer. Einiges hin und her, das Einschalten eines Agenten und die Investition von umgerechnet 10 Euro ließen die Ziffern auf dem Typenschild dann jedoch weniger falsch erscheinen.
Strandspaziergang
Unsere erste Station in Tansania, welche wir erst bei Nacht erreichten, war Bukoba. Am nächsten Tag stand die Erkundung der Umgebung inklusive Bergsträßchen, Wasserfälle und Strandspaziergang auf dem Plan, bevor es auf die Fähre nach Mwanza ging. 
Wasserfälle nahe Bukoba
MS Victoria

Die Fähre fuhr über Nacht, sodass wir frühmorgens in Mwanza ankamen. Diese war bis ans äußerste beladen mit Matooke, Früchten, Autos und unseren Motorrädern, welche irgendwo an einem Geländer lehnten. Nebenbei bemerkt ist dies die einzige planmäßig verkehrende Fähre auf dem kompletten, für Fähruntergänge bekannten, Viktoriasee.





Der strahlend blaue Singidasee

In den nächsten Tagen ging es auf gutem Asphalt, dann auf Schotterstraßen, in Richtung Moshi am Fuße des Kilimanjaros. Ab Singida in Richtung Norden bis Karatu fuhren wir komplett fern ab ausgetretener Pfade, durch faszinierende Gegenden. Der Weg führte uns über Schotterstraßen, versandete Wege, Massai Fußpfade durch Steppen, ausgetrocknete Flussbetten und Bergzüge vorbei an Seen und abgelegenen Dörfern.



Philipp in voller Fahrt



Auf dieser Etappe durften wir irgendwo im Nirgendwo das erste mal Bekanntschaft mit einem gebrochenen Gepäckträger machen. Das nächste Dorf mit Strom und Schweißgerät lag mehr als hundert Kilometer entfernt. So mussten Holzstöckchen, Gummibänder, Kabelbinder, Schraubenschlüssel, Montiereisen und etwas Spucke als Reparaturlösung herhalten. Einige Massai, welchen die gestrandeten Muzungus (Weißen) eine gelungene Abwechslung waren, assistierten hilfsbereit bei der Reparatur.






Fachkundiges Reparieren
Kaputt
Wie neu
Hält























Auf der letzten Etappe zu unserem Zwischenziel Moshi hatte Philipp nicht weit von Karatu mangelnden Vortrieb zu verzeichnen. Die Ursache war schnell ausgemacht, Ritzelsicherung verloren, Ritzel lose, Verzahnung halb abgeraspelt, Kette aufgegangen. So hieß es noch morgens vor dem Frühstück Werkzeug auspacken und improvisieren. Draht, Schrauben und Muttern kreativ kombiniert konnten das Ritzel fixieren und brachten uns ohne weitere Zwischenfälle bis Moshi.
Mit Draht, Schrauben und Spucke schnell gegessen
Gebrochene Kette  und loses Ritzel zum Frühstück











In Moshi angekommen blieben uns noch zwei Tage für letzte Erledigungen und Rucksack packen für den Kilimanjaro. 

Kilimanjaro wir kommen

Am Montagmorgen, den 24. Juni brachen wir schließlich mit unserem Team, bestehend aus Führer, Assistent, 6 Trägern und besonders wichtig: Koch, auf. Bei Nieselregen, das erste und letzte mal auf unserer Reise, auf der Machame Route.

Bergauf gehts
Unser kleines Team













Den ersten Tag ging es auf guten Wegen vom Machame Gate (1800m) durch den Regenwald zum Machame Camp (3000m). Aufgestiegen sind wir zusammen mit unserem Führer und Assistenten, die restliche Crew geht schwerbeladen vorweg und richtet bis zu unserer Ankunft schon mal das Lager für die Nacht vor. Übernachtet wird im Zelt in organisierten, mit Toiletten ausgestatteten Lagern. Was „die anspruchsvollen Touristen“ jedoch nicht davon abhält, ihre eigenen Camping Toiletten den Berg hoch schleppen zu lassen. Auf der ganzen Tour werden wir super mit Tee, Snacks und leckerem Essen versorgt. Bereits auf dieser Höhe wurde es nachts recht kalt, wobei die Temperaturen mit zunehmender Höhe immer weiter sanken.


Bergpanorama
Die nächsten Tage ging es weiter durch die Moorzone, Alpine Wüste vorbei an Lobelien, Riesen Senezien, unwirklichen Felsformationen Stein- und Sandwüsten bis zur Gipfelzone. Wir durchwanderten traumhafte, oft außerirdisch anmutende Landschaften und genossen wundervolle Aussichten. Selbst die rießigen Touristenströme können dessem keinen Abbruch tun. 




Das Shira Camp
Wolkenverhangene Täler













Die täglichen Fußmärsche mittlerer Schwere erstreckten sich jeweils über durchschnittlich 5 Stunden. Ein langsamer Aufstieg und eine Wasseraufnahme von mindestens 4 Liter pro Tag ist sehr wichtig, um der Höhenkrankheit vorzubeugen.


Wer sitzt denn da? Philipp bist du`s?
Am Abend des vierten Tages erreichen wir das Barafu Camp auf 4600m, von wo der Gipfel bestürmt werden soll. Auf Grund der Höhe bekomme ich erste Kopfschmerzen. Trotz der eisigen Kälte lassen wir es uns nicht nehmen die höchste Fallgrube Afrikas, wahrscheinlich auch das stille Örtchen mit der besten Aussicht Afrikas auf Herz und Nieren zu testen.

4600m - die höchste Schüssel Afrikas
Abends, pünktlich zu Sonnenuntergang öffnet sich sogar noch der Wolkenvorhang und wir haben einen wundervollen Blick vom Dach Afrikas auf das beleuchtete Umland.

Nach einem heißen Tee geht es 2 Uhr nachts, von mehreren Lagen Kleidung geschützt und in dicke Winterklamotten gehüllt, los in Richtung Gipfel. Über Geröllfelder erreichen wir im Morgengrauen die ersten Ausläufer des Gipfelgletschers. Mit zunehmender Höhe bekomme ich ein flaues Gefühl im Magen und immer wackligere Beine, Philipp bleibt komplett unbeeindruckt von der Höhe. Über den Stella Point, vorbei am Rebmann Gletscher, erreichen wir schließlich um 7.35 Uhr  Ortszeit den Uhuru Peak, mit 5895 m der höchste Gipfel Afrikas.

Der Gipfel ist bezwungen
Über den Wolken


Um nicht auszukühlen verweilen wir nur 15 Minuten auf dem Gipfel, genießen den Moment und schießen einige Fotos. 





Ein letzter Blick auf den Gipfel


In schnellem Tempo geht es zurück zum Barafu Camp wobei uns die aufsteigende Sonne wohltuende Wärme spendet. Erschöpft aber überglücklich zurück im Camp, wird uns noch ein kleines Nickerchen gegönnt, bevor wir noch am gleichen Tag zum Mweka Camp auf 3000 m absteigen, unserem letzten Nachtlager am Berg.






Die letzte Etappe am 6 Tag ist noch ein entspannter Fußmarsch zum Mweka Gate, wo wir noch vormittags eintreffen. Dort werden wir bereits erwartet und zusammen mit dem Team in einem Minibus zurück nach Moshi gebracht. Mit einem Trinkgeld bedanken wir uns bei unserem tollen Team für die erfolgreiche Besteigung. Unser Führer lädt uns anschließend zum Essen zu sich nach Hause ein, zeigt uns ein wenig die Stadt und verbringt den restlichen Tag mit uns. 
Ohne Zweifel können wir sagen, die Kilimanjaro Besteigung war eine einzigartige und tolle Erfahrung.

Safari


Wir quartieren noch drei weitere Nächte in Moshi, während Philipp eine Safari in den Tarangire Nationalpark und den Ngorongoro Krater macht. Total begeistert von der Tierwelt und der Landschaft kehrt er mit erstklassigen Fotos nach Moshi zurück. 



 


 










Ich nutze die Zeit, um die Motorräder auf Vordermann zu bringen. Es ist mal wieder Gepäckträger und Heckrahmen schweißen angesagt, ebenso müssen Ersatzketten, Ritzel, Spiegel, Schrauben und weiterer Kleinkram aufgetrieben werden. Ebenso nutze ich die Gelegenheit für einen Ausritt in die Paare Berge, um diese auf kleinsten Pfaden entlang der Grenze zu Kenia zu erkunden. Zwischendurch muss ich mir mal Hilfestellung von Einheimischen geben lassen, welche mir helfen das Motorrad über Felsplatten zu hieven.


Tief in den Paare Bergen

 

Blick auf den Jipesee, Kenia

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quer durch Tansania


Einsame Landschaften


 Die nächsten Tage fahren wir durch die abgelegene und einsame Massai Steppe. Wir bewegen uns 3 Tage lang auf Schotterwegen und versandeten Wellblechpisten, fernab jeder Stadt. 







Giraffen in freier Wildbahn




Auf dieser Strecke wird uns das seltene Erlebnis zuteil, Giraffen und Antilopen in freier Wildbahn, außerhalb eines Nationalparks, beobachten zu dürfen. 







Als Nachtlager wird genommen was sich gerade anbietet. So schlagen wir unser Zelt am Rande einer Farm auf, wo mit einem Schweißgerät unsere müden Gepäckträger und verwundeten Motorradrahmen verarztet werden können. Ebenso nächtigen wir im Hinterhof einer Familie gemeinsam mit Ziegen und im abbruchreifen Bürogebäude des Dorfchefs.

Sonnenuntergang im Busch


Unsere Gastgeber
Campingplatz deluxe
Büro des Dorfchefs
























Voll beladen durch den Busch

Tankstellen sind abseits der Hauptrouten sehr rar gesät, weshalb wir immer jeweils 10l extra Benzin in Wasserflaschen auf unseren Gepäckträgern bunkern. Nichtsdestotrotz sind wir immer wieder gezwungen, am Straßenrand in Plastikflaschen verkauftes Benzin, ab und an in fragwürdiger Qualität, zu tanken. 

Links oder Rechts?







Ab Tabora geht es entlang der Eisenbahnstrecke bis nach Kigoma am Tanganyikasee. 









Als wir mit einem platten Reifen irgendwo im Busch stranden, stellen wird einen Rekord unserer Reise auf. Bei der Reparatur welche bis in die Nacht hinein andauert dürfen wir bis zu 70 Zuschauer zählen. Wie überall auf unserer Reise werden wir auch hier freundlich aufgenommen und es wird uns beim nächstgelegenen Haus ein Abendmahl serviert und ein Unterstand als Schlafplatz angeboten.


Reifenreparatur mit Zuschauern


Gut`s Nächt`le

Der Tanganyikasee 

 


Traumstrände

Kigoma ist die größte Stadt der Region und am Ende der Eisenbahnlinie gelegen. In dieser gemütlichen Stadt legen wir für 2 Tage Rast ein, erkunden die Umgebung und bringen die Motorräder auf Vordermann. Der riesige Tanganyikasee hat hier wunderschöne Strände und gleicht einem Meer. 





Glücklicherweise lag gerade die MV Liemba, welche vor 100 Jahren von den Deutschen hierher gebracht wurde und noch heute ihre Touren nach Zambia absolviert, im Hafen und konnte besichtigt werden. 


Nicht zum letzten mal werden unsere Hecks mit weiteren Schweißnähten verziert, bei meinem Motorrad Streben zur Verstärkung eingezogen, die Gepäckträger runderneuert, Schläuche aufgetrieben und mein schwächelnder Vergaser überholt.

Auf ein Neues
Hält für immer? NICHT











 

Burundi

 

Entlang des Tanganyikasee, wohl auf einer der schönsten Küstenstraßen Afrikas, nehmen wir Kurs auf Bujumbura, der Hauptstadt Burundis. Nach mehr als zwei Wochen Tansania tauchen wir in das frankophone Afrika ein. Bujumbura ist das Badeziel der Region mit seinen Stränden, welche nahezu der Karibik gleichen.


Sogar noch besser als in Kigoma
Typische Landschaft Burundis









Abkühlung gefällig?

Ruanda

 

Fototermin: Kongo-Nile Trail


Nach einem kurzen Aufenthalt in Burundi steht der Kongo-Nile Trail auf unserer Wunschliste. Der Kongo-Nile Trail ist eine ausgeschilderte Route entlang des kompletten Kivusees, auf ruandischer Seite. 







Der Pfad führt uns durch Reisfelder, Teeplantagen, unzählige Täler und über grüne Hügel. Eine tolle Route um Landschaft, Dörfer und ländliche Bevölkerung Ruandas kennenzulernen.

Der Kivusee im Abendlicht
Eine der tausend Buchten




Tiefgrüne Reisfelder
Endlose Teeplantagen















Deutsche Vergangenheit
Geschichtsstunde
Gleich zu Anfang des Trails, als wir auf der Suche nach unserem ersten Nachtlager ahnungslos an ein Gartentor klopfen, wartet eine besondere Überraschung auf uns. Es ist das Anwesen, eines dort lebenden Deutschen. Bereits der Name Bergfrieden deutet auf die Deutsche Kolonialgeschichte des Anwesens hin.

  
Der deutsche Hausherr lebt seit 50 Jahren in Afrika und hat auch den Völkermord in Ruanda miterlebt. Wir sind fasziniert von dem unerschöpflichen Wissen und den tiefen Einblicken in Gesellschaft, Politik, Land und Leute die er uns geben kann. 
Gefesselt lauschten wir den Geschichten und Erzählungen unzählige Stunden bis tief in die Nacht und werden eingeladen im Wohnzimmer zu übernachten. 






 Gesegneter Schlummerschlaf garantiert



Innerhalb von zwei Tagen erreichten wir über Kibuye und mit einem Zwischenstopp in einem Kloster, den Badeort Gisenyi, die Nachbarstadt des kriegs- und krisengeplagten Goma.


 

 

Bucht vor Kigoma

 

Ostafrika die Letzte - Uganda


Über eine wundervolle, hervorragend asphaltierte Bergstrecke vorbei an den Virunga Vulkanen geht es zurück nach Uganda. 

Queen Elizabeth Nationalpark - Finde den Philipp





Die letzten drei Tage unserer Reise führen uns durch den Regenwald des Bwindi Impenetrable Nationalparks und den Queen Elizabeth Nationalpark bevor es über Kassese und Fort Portal zurück nach Kampala geht.







Nach Rahmenbruch Nummer Drei, allein an Philipps Motorrad im Queen Elizabeth Nationalpark sind wir des Kampfes müde. Notdürftig schleppen wir uns mit dem von Gummispannern gehaltenem Heck bis Kassese und verfrachteten das Gepäck in einen Bus nach Kampala.


Geschafft - Wir sind Zuhause


Zurück in Kampala


Die letzten Tage lassen wir zusammen in Kampala ausklingen. Wir besuchen einige meiner Projekte, darunter das Solar Mini-Grid, den Solar Energy Kiosk und einen Holzvergaser welcher 30 Haushalte mit Strom versorgt


Solar Energy Kiosk

Holzvergaser

Solar Mini-Grid

Zum Abschluss ist ein Grillabend mit Freunden angesagt. Um doch noch einen Triumph auskosten zu können, wird Philipps Gepäckträger zum Grillrost umfunktioniert. Unter Gluthitze wird er zur Rechenschaft gezogen, für die uns auferlegten Sorgen.


Da schmort das Teufelsding
Grillspaß













Nach über 5 Wochen Ostafrika ging es für Philipp wieder zurück nach Deutschland und auch ich konnte dem Alltag nicht länger entfliehen. Auf unserer Reise habe ich mit Philipp eine tolle Zeit genossen, einzigartige Erfahrungen gemacht und Geschichten erlebt, welche wir in 20 Jahren noch erzählen werden.

Es war großartig.

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