Nachdem wir am Morgen desselben Tages, von einem Polizist
mit gehobenem Zeigefinger ein schnittiges Foto mit der Aufschrift 106 km/h
überreicht bekommen haben, sind wir nun brav mit gemütlichen 90 km/h unterwegs in
Richtung Karima, im Norden des Sudan.
Mitten in der Wüste, weit und breit nichts, wird unser
Motorrad plötzlich müde. Die Leistung fällt schlagartig ab, nach 500 m ist
Schluss. Zum Glück schaffen wir es noch bis zu einer einsamen Hütte am
Straßenrand.
Der Motor hat keine Kompression mehr. Sehr schnell wird
klar, hier kommen wir mit mitgeführtem Werkzeug und Ersatzteilen nicht weiter.
Was tun? Guter Rat ist teuer. Wir brauchen einen Abschleppdienst.
| Unterwegs MIT dem Motorrad |
Also auf an den Straßenrand, Lastwagen anhalten. Nach
2-stündigem erfolglosem Trampen naht Hilfe. Ein mit Steinen, Colobusfrüchten,
Schafen und einer grimmigen Oma beladener Pickup. Wir hieven das Motorrad auf
die Ladefläche, machen Platz für das Gepäck, Sabrina zwängt sich ins
Führerhaus, ich mache es mir neben den Schafen bequem und los geht’s. Nach gut
einer Stunde Fahrt erreichen wir auch schon die nächste Stadt, bekommen bei dem
Fahrer zu Hause Saft angeboten und werden dazu eingeladen, dort zu nächtigen.
Halt, hier liegt ein Missverständnis vor, wir müssen weiter
in die nächste Stadt um möglichst früh am nächsten Morgen einen weiteren Laster
Richtung Dongola zu bekommen. Der Zeitdruck sitzt uns im Nacken, unser Visum
läuft aus. Mit der nächsten, nur wöchentlich verkehrenden Fähre von Wadi Halfa
nach Aswan müssen wir aus dem Land raus. Dadurch bleiben uns knapp drei Tage um
die restlichen 800 km zur Fähre zu trampen. Hinzu kommt dass wir finanziell
recht eingeschränkt sind, da es im Sudan keine Visa Geldautomaten gibt und
unsere Planung solche kleinen Abenteuer nicht beinhaltete.
Also wir müssen weiter. Wie das nur dem netten Herren
verständlich machen, mit sehr beschränkter Kompatibilität von Arabisch und
Englisch? Nur zwei Stunden später nach Zwischenstopps an Hotels, Werkstätten,
Marktplätzen und Übersetzungsversuche Dritter verstehen wir uns und kommen der
von uns ersehnten Hauptverbindungsstraße von Karima Richtung Dongola näher.
Was für ein Glück nur wenige hundert Meter entfernt ist eine Polizeistation mit großem Parkplatz,
das perfekte Nachtlager. Trotz zuerst freundlicher Nachfrage und dann immer
leidenschaftlicher werdenden Bitten wollen uns die Polizisten einfach kein Asyl
gewähren. Wir sollen uns an eine andere Polizeistation wenden oder ein Hotel
suchen. Das einzige kleine Fragezeichen, wie sollen wir das vollbeladene
Motorrad aus eigener Kraft jemals wieder zum Highway zurück bringen? Was tun?
| Aufstehen - Laster warten nicht |
Wir fahren 500 m weiter, laden das Motorrad ab, parken es am
Straßenrand, packen unsere Isomatten aus und richten uns für die Nacht ein.
| Trampen bei Sonnenaufgang |
Damit uns auch ja kein Lastwagen durch die Finger geht
kriechen wir schon kurz nach fünf aus den Schlafsäcken um unserem neuen Hobby
nachzugehen, Lastwagen anhalten.
Mehrere Stunden passiert nichts, wir fragen
uns schon, gibt es einen Plan B?
| Neugierige Gesellen |
Doch irgendwann sind wir dann schließlich erfolgreich,
diesmal ist es ein Kuhlaster der uns die 200 km nach Dongola mitnehmen kann.
Kühe auf die Seite schieben, rauf mit dem Motorrad und wir sind auf der
nächsten Etappe. In Dongola angekommen und Kühe abgeladen beginnt das bekannte
Spiel von vorne. Wohin wollen wir? Und wie das verständlich machen? Dank der
Übung dauert es dieses mal nur eine halbe Stunde und schon sind wir an der
Hauptverbindungsstraße Richtung Wadi Halfa zur Fähre.
| Unsere Kompanen |
| Ja das gefällt dir kleiner |
| Vieh abladen |
Wieder heißt es Laster anhalten. Wohlbedacht freunden wir
uns auch umgehend mit der dort postierten Verkehrspolizei an und berichten von
Kummer und Sorgen. Diese bieten uns an, doch im Schatten Platz zu nehmen und
schon wenige Minuten später werden die Verkehrskontrollen intensiviert und
jeder Lastwagen wird nach Route und freiem Ladungsraum befragt.
| Rechts hinten - Fabians Kuschelecke |
| Windiger Sitzplatz |
| Nachtlager |
Auf Grund der
Distanz kommt uns die Dunkelheit zuvor und wir beziehen zusammen mit unseren
Freunden ein Nachlager am Straßenrand. Aber egal was soll´s, nur noch einmal
schlafen dann sind wir da. Zufrieden mit dem erfolgreichen Tag fallen wir in
unsere Feldbetten und werfen noch einen letzten Blick auf den klaren
Sternenhimmel.
Unserem Zeitplan sogar einen halben Tag voraus, erreichen
wir um die Mittagszeit am nächsten Tag, nach 800 km und zweimal Umsteigen, Wadi
Halfa, von wo aus uns die Fähre nach Ägypten bringen wird.
Etappe erfolgreich gemeistert. Diesmal zwar MIT dem
Motorrad, jedoch nicht auf dem Motorrad.
Keine Angst die Spannung lässt nicht nach, die nächste
Herausforderung steht bereits vor der Tür. Doch dazu mehr in der nächsten Folge
von „Sabrina und Fabian unterwegs“.
Abgesehen von den kleinen Schwierigkeiten ist der neue Trend
„Reisen MIT dem Motorrad“ wirklich eine schöne Art der Fortbewegung. Man trifft
nette Leute, kommt durchaus auch mal etwas ins Schwitzen und hat hinterher so
die eine oder andere Geschichte zu erzählen. Sehr schön daran ist auch, dass es
sich auch für nicht-Motorradfahrer eignet. Wer zufälligerweise kein kaputtes
Motorrad zu Hause hat, kann auch ohne Einschränkungen eine kaputte
Waschmaschine oder etwas ähnlich sperriges beim Trampen mit sich führen.
| Feldwerkstatt |
Im Hotel in Wadi Halfa ist nun etwas Zeit um auf Fehlersuche
zu gehen. Nach dem Entkleiden der Yamaha zeigt sich unter dem Zylinderkopf die
Überraschung, ein Loch im Kolben. Als Ingenieur zwar nett anzuschauen, sieht
man ja auch nicht alle Tage, jedoch eher unpraktisch wenn man damit im Sudan
steht. Sudanesen haben mir den Tipp gegeben, ich soll doch mal schauen ob zufällig
ein Landrover Kolben passt.
| Kolben mit Lüftungsloch |
Nichtsdestotrotz blieb uns keine andere Wahl als uns Zylinder, Kolben und Anbauteile aus Deutschland nach Ägypten schicken zu lassen, wo wir nun seit mehr als einer Woche auf das Päckchen warten.
Jetzt weiß ich wieder, was ich habe...
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