Sonntag, 1. Juni 2014

Unterwegs MIT dem Motorrad

Nachdem wir am Morgen desselben Tages, von einem Polizist mit gehobenem Zeigefinger ein schnittiges Foto mit der Aufschrift 106 km/h überreicht bekommen haben, sind wir nun brav mit gemütlichen 90 km/h unterwegs in Richtung Karima, im Norden des Sudan.
Mitten in der Wüste, weit und breit nichts, wird unser Motorrad plötzlich müde. Die Leistung fällt schlagartig ab, nach 500 m ist Schluss. Zum Glück schaffen wir es noch bis zu einer einsamen Hütte am Straßenrand.

Der Motor hat keine Kompression mehr. Sehr schnell wird klar, hier kommen wir mit mitgeführtem Werkzeug und Ersatzteilen nicht weiter. Was tun? Guter Rat ist teuer. Wir brauchen einen Abschleppdienst.

Unterwegs MIT dem Motorrad
Also auf an den Straßenrand, Lastwagen anhalten. Nach 2-stündigem erfolglosem Trampen naht Hilfe. Ein mit Steinen, Colobusfrüchten, Schafen und einer grimmigen Oma beladener Pickup. Wir hieven das Motorrad auf die Ladefläche, machen Platz für das Gepäck, Sabrina zwängt sich ins Führerhaus, ich mache es mir neben den Schafen bequem und los geht’s. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir auch schon die nächste Stadt, bekommen bei dem Fahrer zu Hause Saft angeboten und werden dazu eingeladen, dort zu nächtigen.
 
Schnappschuss vom Pickup
Halt, hier liegt ein Missverständnis vor, wir müssen weiter in die nächste Stadt um möglichst früh am nächsten Morgen einen weiteren Laster Richtung Dongola zu bekommen. Der Zeitdruck sitzt uns im Nacken, unser Visum läuft aus. Mit der nächsten, nur wöchentlich verkehrenden Fähre von Wadi Halfa nach Aswan müssen wir aus dem Land raus. Dadurch bleiben uns knapp drei Tage um die restlichen 800 km zur Fähre zu trampen. Hinzu kommt dass wir finanziell recht eingeschränkt sind, da es im Sudan keine Visa Geldautomaten gibt und unsere Planung solche kleinen Abenteuer nicht beinhaltete.

Also wir müssen weiter. Wie das nur dem netten Herren verständlich machen, mit sehr beschränkter Kompatibilität von Arabisch und Englisch? Nur zwei Stunden später nach Zwischenstopps an Hotels, Werkstätten, Marktplätzen und Übersetzungsversuche Dritter verstehen wir uns und kommen der von uns ersehnten Hauptverbindungsstraße von Karima Richtung Dongola näher.
Was für ein Glück nur wenige hundert Meter entfernt  ist eine Polizeistation mit großem Parkplatz, das perfekte Nachtlager. Trotz zuerst freundlicher Nachfrage und dann immer leidenschaftlicher werdenden Bitten wollen uns die Polizisten einfach kein Asyl gewähren. Wir sollen uns an eine andere Polizeistation wenden oder ein Hotel suchen. Das einzige kleine Fragezeichen, wie sollen wir das vollbeladene Motorrad aus eigener Kraft jemals wieder zum Highway zurück bringen? Was tun?
Aufstehen - Laster warten nicht

Wir fahren 500 m weiter, laden das Motorrad ab, parken es am Straßenrand, packen unsere Isomatten aus und richten uns für die Nacht ein.
Trampen bei Sonnenaufgang
 Damit uns auch ja kein Lastwagen durch die Finger geht kriechen wir schon kurz nach fünf aus den Schlafsäcken um unserem neuen Hobby nachzugehen, Lastwagen anhalten. 

Mehrere Stunden passiert nichts, wir fragen uns schon, gibt es einen Plan B?

Neugierige Gesellen
Doch irgendwann sind wir dann schließlich erfolgreich, diesmal ist es ein Kuhlaster der uns die 200 km nach Dongola mitnehmen kann. Kühe auf die Seite schieben, rauf mit dem Motorrad und wir sind auf der nächsten Etappe. In Dongola angekommen und Kühe abgeladen beginnt das bekannte Spiel von vorne. Wohin wollen wir? Und wie das verständlich machen? Dank der Übung dauert es dieses mal nur eine halbe Stunde und schon sind wir an der Hauptverbindungsstraße Richtung Wadi Halfa zur Fähre.
Unsere Kompanen
Ja das gefällt dir kleiner
Vieh abladen
Wieder heißt es Laster anhalten. Wohlbedacht freunden wir uns auch umgehend mit der dort postierten Verkehrspolizei an und berichten von Kummer und Sorgen. Diese bieten uns an, doch im Schatten Platz zu nehmen und schon wenige Minuten später werden die Verkehrskontrollen intensiviert und jeder Lastwagen wird nach Route und freiem Ladungsraum befragt.

Rechts hinten - Fabians Kuschelecke
Auch hier haben wir wieder sehr viel Glück und ein sehr freundlicher Fahrer mit demselben Ziel bietet uns seine Hilfe an. Die Dame darf natürlich wieder im Fahrerhaus Platz nehmen, ich mache es mir zwischen Planierraupenteilen und Ölfass gemütlich. Die Stunden vergehen wie im Flug, Sabrina singt, tanzt und diskutiert mit den beiden lustigen Herren im Fahrerhaus, ich genieße die Landschaft von der Ladefläche, erhasche ein paar Schnappschüsse vom Nil und vertiefe mich in mein Buch. 

Windiger Sitzplatz
Nachtlager
 Auf Grund der Distanz kommt uns die Dunkelheit zuvor und wir beziehen zusammen mit unseren Freunden ein Nachlager am Straßenrand. Aber egal was soll´s, nur noch einmal schlafen dann sind wir da. Zufrieden mit dem erfolgreichen Tag fallen wir in unsere Feldbetten und werfen noch einen letzten Blick auf den klaren Sternenhimmel.

Unserem Zeitplan sogar einen halben Tag voraus, erreichen wir um die Mittagszeit am nächsten Tag, nach 800 km und zweimal Umsteigen, Wadi Halfa, von wo aus uns die Fähre nach Ägypten bringen wird.

Etappe erfolgreich gemeistert. Diesmal zwar MIT dem Motorrad, jedoch nicht auf dem Motorrad.

Keine Angst die Spannung lässt nicht nach, die nächste Herausforderung steht bereits vor der Tür. Doch dazu mehr in der nächsten Folge von „Sabrina und Fabian unterwegs“.

Abgesehen von den kleinen Schwierigkeiten ist der neue Trend „Reisen MIT dem Motorrad“ wirklich eine schöne Art der Fortbewegung. Man trifft nette Leute, kommt durchaus auch mal etwas ins Schwitzen und hat hinterher so die eine oder andere Geschichte zu erzählen. Sehr schön daran ist auch, dass es sich auch für nicht-Motorradfahrer eignet. Wer zufälligerweise kein kaputtes Motorrad zu Hause hat, kann auch ohne Einschränkungen eine kaputte Waschmaschine oder etwas ähnlich sperriges beim Trampen mit sich führen.

Feldwerkstatt
Im Hotel in Wadi Halfa ist nun etwas Zeit um auf Fehlersuche zu gehen. Nach dem Entkleiden der Yamaha zeigt sich unter dem Zylinderkopf die Überraschung, ein Loch im Kolben. Als Ingenieur zwar nett anzuschauen, sieht man ja auch nicht alle Tage, jedoch eher unpraktisch wenn man damit im Sudan steht. Sudanesen haben mir den Tipp gegeben, ich soll doch mal schauen ob zufällig ein Landrover Kolben passt.
 

Kolben mit Lüftungsloch





Nichtsdestotrotz blieb uns keine andere Wahl als uns Zylinder, Kolben und Anbauteile aus Deutschland nach Ägypten schicken zu lassen, wo wir nun seit mehr als einer Woche auf das Päckchen warten. 


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