Route:
Wadi Halfa (Sudan), Aswan (Ägypten)
Dauer:
16.05.2014 – 25.06.2014
Highlight:
Das wunderbare Gefühl, nach nur zehn Tagen unser Motorrad
über ägyptischen Boden zu schieben
Mit kaputtem Motorrad und auslaufendem Visum sitzen wir im
Sudan und müssen raus. Es ist nicht genug, dass Sudan und Ägypten hunderte Kilometer
gemeinsamer Grenzlinie besitzen und ein Grenzübertritt über Land trotzdem nicht
möglich ist, nein es existiert auch noch eine nagelneue Straße, welche die
Militärs nicht für den Verkehr freigeben wollen. So bleibt als einziger Weg die
unter Reisenden berüchtigte, langsame und chronisch überladene Fähre über den
Nasser Stausee.
Um auch sicher an Bord der gewünschten Fähre zu sein,
versuchen wir bereits in Khartoum, mehr als eine Woche im Voraus, die Fähre zu
buchen. Zu unserem Erstaunen wird uns jedoch mitgeteilt, auf Grund von Ferien
seien die Plätze für die nächsten Wochen ausgebucht. In Wadi Halfa könnten wir jedoch
zwei bis drei Tage bevor die Fähre ablegt noch Tickets kaufen. Keine andere
Wahl habend, hoffen wir in Wadi Halfa mehr Glück zu haben.
| Unser Hotel in Wadi Halfa |
Um nichts zu riskieren, treffen wir bereits vier Tage bevor
die Fähre ablegen soll in Wadi Halfa ein. Nur eine kurze Dusche gönnen wir uns
und machen uns umgehend auf die Suche nach dem Ticketbüro. Leider haben wir
Freitag, muslimischer Ruhetag und so ist das Büro geschlossen. Kein Problem wir
kommen einfach morgen früh zurück. Noch vor dem Frühstück geht es auf zum Ticketbüro.
Erneut dasselbe Bild, es ist ja schließlich Samstag, da hat man nicht zu
arbeiten. Gezwungenermaßen verbringen wir den Tag mit Schrauben, Wäsche waschen,
Informationen recherchieren und hoffen Sonntag dann endlich Tickets zu
bekommen.
Sonntagmorgen punkt 8 Uhr stehen wir wieder beim
Ticketbüro, diesmal jedoch nicht alleine. Das ganze Gelände ist gedrängt voll
mit Menschen, welche hektisch hin und her laufen, sich in Schlangen drängen und
in allen Ecken sind laute Diskussionen zu hören. Das komische an dieser
Situation, alle Schalter und Fenster des Büros sind geschlossen nur ab und an
betreten und verlassen Bedienstete das Büro.
Irgendwann werden wir ungeduldig und beginnen an Fenster zu
klopfen und versuchen Verantwortliche zu finden. Nach einiger Zeit werden wir
an einen jungen Herrn verwiesen, der sich „für Touristen zuständig“ nennt. Er
versichert Tickets für uns organisieren zu können. Wir sollen nur auf ihn
warten, er müsse kurz zum Hafen. Die ganze Sache riecht sehr stark nach einem
dieser dubiosen Agenten, von denen man nach Möglichkeit die Finger lassen
sollte. Wir haben keine Möglichkeit.
So vergehen die Stunden, wir sitzen vor dem geschlossenen
Büro und warten. Essen Datteln, trinken Wasser und verändern schattensuchend
unsere Position dem Sonnenstand folgend. Irgendwann ist Mittag, wir sind
hungrig, haben immer noch keine Informationen und brauchen eine Pause vom
Warten. Nachmittags zurück am Arbeitsplatz das gleiche Bild, viele aufgeregte,
wütende Menschen, geschlossene Büros und nichts. Unsere Zuversicht schwindet so
langsam und wir stellen uns die Frage was, wenn nicht? Gegen vier Uhr geben wir
auf und verbuchen einen weiteren erfolglosen Tag in der Statistik.
Montag um acht, wieder stehen wir vor geschlossenen Büros. Wir
sind nun erfahren und bringen uns Frühstück mit. Bereits um zehn ist große
Aufregung angesagt, Menschen rennen, drücken und schreien und endlich wird ein
Schalter geöffnet. Es tut sich was.
Zuerst würden jedoch die bereits verkauften Tickets
registriert und dann die restlichen verkauft werden. Kein Problem wir fahren einfach
mit dem fort was wir gut können, warten.
Also warten wir und beobachten das Spektakel. Mit der Zeit
wird die Stimmung immer geladener, da viele der rund dreihundert wartenden
Menschen Probleme mit der Rückbestätigung haben oder auch noch keine Tickets haben.
Es wird viel argumentiert und geschrien, zum Glück auf Arabisch. Die
Menschengruppen laufen von einer Ecke zur anderen, kämpfen sich ins Büro vor,
werden wieder rausgeschmissen. Im 15 Minuten Takt beginnt das ganze immer
wieder von vorn.
Gegen Mittag gelingt es uns endlich in das Gebäude
vorzudringen, um dort weiter zu warten, ein wirklicher Erfolg. Ebenso gelingen
uns einige kurze Wortwechsel mit Bediensteten, klasse was? Zugegeben, eine Idee
was vor sich geht bekommen wir trotzdem nicht. Mit einem Blick ins Innere
lüftet sich auch so langsam das Geheimnis um das Chaos. Es gibt eine strikte
Arbeitsteilung im Büro. Zwei der rund zehn
Bediensteten arbeiten an den Tickets, die restlichen konzentrieren sich
auf Tee trinken, rauchen, Mittagessen und darauf, die wirklich Arbeitenden zu
belästigen.
Um drei Uhr ist es auch schon wieder so weit, der Arbeitstag
ist um. Mit Geschrei werden wir aus dem Büro geschmissen und ziehen unverrichteter
Dinge von Dannen. Von unserem Agenten gibt es auch nichts als Vertröstungen.
Unglücklich, morgen soll die Fähre gehen, wir haben noch immer kein Ticket und
unser Visum läuft in drei Tagen aus.
Was bleibt uns anderes übrig als morgen wieder zu kommen.
Wir schreiben Dienstagmorgen den 20.05.2014, nun heißt es Hopp
oder Topp. Heute wird sich entscheiden Fähre, schwimmen oder sudanesischer
Knast. Pünktlich acht Uhr tanzen wir wieder beim Ticket Büro an. Verglichen mit
den Vortagen hat sich das Spiel nicht viel verändert. Wir warten, warten,
warten, gehen einen Saft trinken und warten wieder. Die Spannung steigt im
wahrsten Sinne des Wortes. Um die Mittagszeit beginnt das Militär das Areal zu
räumen, auch wir müssen gehen. Unser Agent vertröstet uns erneut, wir sollen
doch bitte ohne viel Krach das Gelände verlassen und auf seinen Anruf warten.
Dann kurz nach zwei
endlich der Anruf, wir sollen das Motorrad zum Hafen bringen, die Ticket Frage
ist jedoch bei weitem noch nicht geklärt, dieser wird geschickt ausgewichen.
Egal schon mal ein erster Schritt. Wir eilen zum Hotel, schmeißen das kaputte
Motorrad auf einen Pickup und düsen zum Hafen. Dort erwartet uns schon unser
Agent, parkt uns in einer Ecke und verschwindet erneut für zwei Stunden, er
müsse noch kurz unsere Tickets abholen. Abwechslung braucht der Mensch, diesmal
Warten am Hafen. Die anderen Passagiere verladen schon ihr Gepäck und eilen auf
die Fähre, wir haben immer noch nichts.
Nur zwei Stunden nach der offiziellen Ablegezeit, gegen 18
Uhr, taucht unser Agent wieder auf. Er hat Tickets! Nur noch etwas Papierkram, ein
paar Stempel einsammeln und schon sind wir auf der Fähre. Das Motorrad folgt in
zwei, drei oder vielleicht auch vier Tagen auf der Frachtfähre.
| Voll beladen |
Die Fähre ist bis zum Rand vollgestopft mit Menschen, Waren
und auch vielem undefinierbarem. Eigentlich haben wir einen Sitzplatz unter
Deck, ziehen es jedoch vor unsere Isomatten auf Deck auszubreiten anstatt mit
hundert Menschen in einem Raum, bei stickiger Luft eingepfercht zu sein.
| Irgendwo auf dem See |
Wir
genießen noch die letzten Sonnenstrahlen und den frischen Wind an Deck, freuen
uns an Bord zu sein, lachen über die Strapazen der letzten Tage und kriechen
schon bald in unsere Schlafsäcke.
| Wer schlummert denn da? |
Da auch auf der Fähre alles seine Ordnung haben muss, ist
ein kostenloser Weckdienst inklusive. Unter unüberhörbarem Lärm reihen sich
schon vor sechs Uhr morgens pflichtbewusste Muslime wenige Zentimeter neben uns
zum Gebet auf, trampeln auch gerne mal über Sabrinas Füße oder Arme und beenden ganz frech
ihre Nacht. Dank meines sehr gesunden Schlafs, ist umdrehen und
weiterschnarchen genug.
| Auf Deck |
Schon um die Mittagszeit des nächsten Tages treffen wir in
Aswan ein, unerwartet früh denken wir. Dabei nicht ahnend, dass die Kontrolle
der Ausweise weitere vier Stunden in Anspruch nehmen wird, bis wir endlich von
Bord dürfen.
| Land in Sicht - Ägypten |
Pünktlich zum Abendessen sind wir dann endlich in Aswan und
müssen nur noch auf unser Moped warten.
Drei Tage später trifft dieses auch schon ein, leider ist es nun auch
schon wieder Samstag und es wird nur vormittags gearbeitet. Keine Chance, zu
wenig Zeit um das Motorrad an diesem Tag noch aus dem Zoll zu bekommen.
Sonntag stehen wir dann erneut, bereits vor Öffnung des
Büros, auf der Matte um endlich das Motorrad zu bekommen. Wir brauchen einige Zeit
um herauszufinden was zu tun ist, von wo wir Stempel brauchen und wo wir
überall bezahlen müssen. Das System verstanden und die Sinnhaftigkeit dahinter
entdeckt haben wir bis heute nicht, stattdessen einfach getan was uns gesagt
wurde.
Hier für euch die Kurzfassung in Fall ihr auch mal euer
Moped nach Ägypten verschiffen wollt:
1. Zum Hafen Dokument abholen, welches man doch nicht braucht.
2. In die Stadt zur Verkehrspolizei einen Ingenieur abholen, der sodann am Hafen das Motorrad inspiziert.
3. Zurück zum Hafen Inspektion durchführen (Fahrgestellnummer abschreiben).
4. Weiterer Besuch bei der Verkehrspolizei. Papiere ausfüllen, viel Geld bezahlen und ägyptisches Nummernschild abholen. Zwischendurch noch Versicherung kaufen, obwohl wir schon eine haben.
5. Zurück zum Hafen Papiere stempeln lassen, Geld bezahlen, Helm aufsetzten und losfahren, ähm sich von anderem Motorrad zum Hotel schleppen lassen.
Alles in allem ganz normal afrikanisch. Dieses System ist typisch und beruht lediglich darauf, alles möglichst kompliziert und
undurchsichtig aussehen zu lassen. Dadurch können eine Vielzahl von Familienmitglieder
in Lohn und Brot gebracht werden, in dem man jedem Cousin einen Stempel gibt, die Vetter als Agenten beschäftigt und selbst das
Schmiergeld abgreift.
Juhu endlich sind wir in Ägypten und im Garten steht das kaputte
Motorrad mit blitzendem ägyptischen Nummernschild.
Die Bilanz sieht jedoch nüchtern aus. Weniger als 500
Kilometer und ein Grenzübertritt haben uns schlappe zehn Tage, 250 € und viele
graue Haare gekostet. Auf der neuen Straße von Sudan nach Ägypten einen Tag
gemütlich durch die Wüste zu cruisen und für den Sprit 2 € - 3 € zu bezahlen,
bei einem Preis von rund 0,1 € pro Liter, wäre ja auch langweilig gewesen.
Die Nasser Fähre, wirklich ein besonderes Erlebnis, muss
jedoch nicht so schnell wiederholt werden.
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